Wir sind jetzt hier
Ein berührender Filmabend über allein geflohene Männer – mit anschließendem Gespräch mit dem Regisseur Niklas von Wurmb-Seibel und mit Hussein Al Ibrahim, einem Protagonisten des Films.
Der DAJC und das Kino 8 ½ haben am 28. September 2022 zu dem Dokumentarfilm „Wir sind jetzt hier“ mit anschließender Publikumsdiskussion eingeladen.
In dem Film erzählen sieben geflüchtete Männer von Flucht, vom Ankommen, von Hürden und Ängsten. Und von Erfahrungen mit stundenlangen Anhörungen. Denn das ist noch immer Realität für viele Geflüchtete in Deutschland.
Der Film ist beeindruckend und bewegend in seiner Menschlichkeit. Keine Sprecher:in aus dem Off. Keine Erklärungen. Nur die Kamera und der Mensch, der erzählt. Von Flucht, vom Ankommen. Von der Angst um die Zurückgebliebenen. Von Sorge um die Erlaubnis, in Deutschland bleiben zu dürfen. Vom „sich öffnen“ gegenüber anderen, vom sich zeigen. Und da ist ganz viel Humor und Zuversicht. Etwa wenn es um die Trockenheit der deutschen Sprache geht und um das Angekommensein. Es ist fast so, als säße man den Männern, die im Film von ihren Erfahrungen erzählen, unmittelbar gegenüber.
Es sind ausschließlich junge Männer, die in dem Film erzählen. Warum geht es ausschließlich um die Erfahrungen junger Männer?
Hierzu findet Arman Manafpour-Ossaloo, Mitarbeiter in den Projekten „Together – Gendersensible Arbeit mit Jugendlichen*“ sowie dem Projekt „Migrationsvordergrund – Transkulturelle Jungen- und Männerarbeit“ des DAJC in seiner Begrüßung einführende Worte:
„Besonders junge männliche Geflüchtete wurden und werden verstärkt Zielscheibe rassistischer Zuschreibungen. Die Silvesternacht 2015/2016 in Köln stellt eine Zäsur dar, wie von nun an über geflüchtete Männer* gesprochen wurde. Der allein flüchtende Mann* wurde zur Gallionsfigur rechter Rhetorik. Im Zuge rassistischer Polizeipraxis wurden rassifizierten Männern* übergriffiges und gewalttätiges Verhalten attestiert. Diese Hypersexualisierung rassifizierter Männer* schließt nahtlos an koloniale Vorstellungen „fremder“ Männlichkeit an. Ziel einer solchen Praxis ist es die Vorherrschaft einer weißen, heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Männlichkeit zu stabilisieren. Dies geschieht durch das Entwerfen einer davon abweichenden und als rückständig markierten Männlichkeit. Sexualisierte Gewalt wird somit externalisiert, statt diese als Teil patriarchaler Ordnung zu identifizieren. Die Gewalt- und Ausschlusserfahrungen, die die betroffenen Männer* und Jungen* machen, werden dabei selten bis nie thematisiert. Die Doppelbelastung, der Flucht auf der einen Seite und der rassistischen Diskriminierung auf der Anderen, sind für eine weiße Dominanzgesellschaft wenig sichtbar. In den vergangenen Jahren wurde viel über geflüchtete Männer* gesprochen, aber nur selten mit ihnen. Die Arbeit der beiden Filmemacher:innen versucht in Form einzelner Portraits die Erfahrungen dieser Männer* sichtbar zu machen.
Dies ist dem Film in ganz besonderer und berührender Weise gelungen. Dies wird auch in der anschließenden sehr lebendigen Diskussion mit dem Publikum deutlich.
Interesse an einer Filmvorführung und Gespräch mit den Filmemacher:innen und Protagonisten? Anfragen über Niklas Schenck
(schenck.niklas@gmail.com).